von Wolfgang Steffel
02.10.2009

GLAUBENSZEICHEN

Ein kostbares Sachbuch zum Verweilen

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Glaubenszeichen

<span>Farben und Symbole der Christen</span> Anselm Grün ISBN 978-3-87630078-8

(„Glaubenszeichen“ 19,90 Euro )
Anselm Grün erläutert leicht zugänglich und gleichzeitig meditativ die christlichen Symbole und liturgischen Farben. Unterstrichen durch die kraftvollen Bilder von Eberhard Münch, stellt der Autor vor allem die heilenden Aspekte der Symbole als versöhnende Bilder des Glaubens in den Vordergrund.

Ein Meditationsbuch mit Räumen zum Verweilen
Symbollexika gibt es wie Sand am Meer. Sie geben kurze Infos. Wir schlagen nach und stellen das Lexikon zurück ins Regal, wo es wieder einige Monate oder Jahre der Einsamkeit fristen wird. Es ist gut, dass Anselm Grün und Eberhard Münch einen anderen Ansatz wählen. Sie beschränken sich auf ausgewählte Symbole aus Liturgie und Bibel, ergänzt um eine Deutung der liturgischen Farben. So entsteht ein leicht zugängliches und gleichzeitig tiefgründiges Meditationsbuch. Sollen wir überhaupt von Buch sprechen? Eher ist es ein Haus mit schönen Räumen zum Verweilen und zum langsamen Weitergehen.

Symbole sind „Ganzmacher“
Dieses Lesegefühl der Geborgenheit entsteht durch farbenprächtige, meist ganzseitige Bilder und unaufdringliche kleine Skizzen in Schwarz-Weiß. Im ersten Kapitel über die liturgischen Farben wird der Text immer wieder in der jeweiligen Farbe dargestellt. Ein liebevolles Detail mit einer großen Tradition. Schon Ignatius von Loyola (1491-1556) schrieb bei seinen Aufzeichnungen Worte Jesu mit roter und Worte Mariens mit blauer Tinte. Die Atmosphäre der Geborgenheit speist sich auch aus dem Grünschen Symbolverständnis. Symbole sind „Ganzmacher“ (S.10f). Sie fügen Sichtbares und Unsichtbares zusammen, Unerklärbares mit dem, was uns bekannt ist. Sie versöhnen Gegensätze. Sie zentrieren uns. Sie heilen. Das ist der rote Faden. Exemplarisch dafür steht das Kreuz (S. 48ff.). Es verbindet Himmel und Erde, möchte ganz machen, den Einzelnen heilen – und die ganze Welt.

Innere Bilder für mehr Gelassenheit
Symbole sind äußere und innere Bilder. Wir kommen durch sie mit unserer inneren Welt in Berührung. In einer Zeit, in der viele Menschen lieber auf Zeitspartipps, Beruhigungsmethoden und Gesundheitsratschläge vertrauen, um zu mehr Gelassenheit zu kommen, ist diese Betonung Grüns wichtig. Bilder der Ruhe (etwa die Kerze), Symbole des Vertrauens und der Hingabe (Schale oder Kelch) sowie biblische Sinnbilder aus der Natur (Berg oder Höhle) bieten einen einfachen Weg zur Gelassenheit. Wir müssen nur diese Bilder in uns präsent halten.

Symbole im liturgischen Kontext
Symbole erlangen nur in einem Kontext Bedeutung. Sie setzen eine Gemeinschaft und eine lange Tradition der (Be-)Deutung voraus. Grün bettet die Symbole in dieser Weise ein, in Raum und Zeit der Kirche. Er zitiert ehrwürdige Kirchenväter, große Heilige und Mystiker, und er nennt die biblischen Wurzeln. Leitend ist das Symbol in der Liturgie. So wird durch das Buch weniger der individuelle Spurensucher und Detektiv im Glauben angesprochen, sondern mehr der Mensch, der sich hinein gibt in die Kirche, und dies im doppelten Sinn: der sich aufgehoben weiß in der Gemeinschaft und der in die Kirche geht, also der Kirchgänger – oder der es werden möchte.

Wo bleibt der Alltag?
Durch die Konzentration auf liturgische Symbole gerät der Alltag etwas aus dem Blick. Der graue Alltag, d. h. ein gewichtiger Teil unserer Lebenswelt, wird im Buch nur zweimal erwähnt (S. 100 und 117) und nirgends konkret beschrieben. Gibt es aber nicht auch Sinnbilder für die Brüchigkeit des Alltags? Den Flickenteppich, Scherben, die Körner auf dem Weg, die die Vögel aus Hektik und Routine aufpicken? Würde die heilende Kraft der Bilder nicht noch mehr in Erscheinung treten, wenn der Alltag breiteren Raum einnähme? Dann könnten die Symbole über dem Grau des Alltags leuchten. Das Bild zum Symbol „Tempel“ (S. 101) berührt genau dieses Thema, das mehr Raum verdient hätte.

Ein kostbares Buch für kostbare Menschen
Das Buch sagt zu uns: „Nimm dir Zeit! Trete ein! Fühle dich geborgen!“ Ein kostbares Buch werden wir Menschen schenken, die für uns kostbar sind, und Menschen, die kostbare Momente ihres Lebens erleben (Firmung, Ehe, runder Geburtstag), oder als Geschenk an uns selbst, weil wir selbst kostbar sind. Verdiente Ministranten und Mesner/Küster werden sich ebenso über das Buch freuen wie Erstkommunionmütter oder Firmbegleiter. Es ist auch ein ideales Vorbereitungsbuch für den Messbesuch. Ich kann zuhause ein Symbol betrachten und es dann bewusster im Gottesdienst erleben. Es ist ein sehr schönes Buch. Ist es vielleicht zu schön, um wahr zu sein? Zu schön, um die Brüche des Alltags ernst zu nehmen? Sind die Bilder zu harmonisch, so dass sie die Dissonanzen unseres Alltags komplett übertönen? Mag sein. Aber wir fragen ja auch nicht, ob eine Kirche zu schön ist. Wir freuen uns an ihrer Schönheit, die uns innerlich aufbaut. Und genau das bewirkt auch dieses Buch.

Glaubenszeichen Farben und Symbole der Christen

Anselm Grün, Präsenz Verlag, Gnadenthal 2009, 144 Seiten, gebunden, mit über 40 Bilder von Eberhard Münch, 24,5 x 17,4 cm

ISBN-10: 3876300789
ISBN-13: 978-3876300788
19,90€

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