von Wolfgang Steffel
29.5.2010

MEHR ALS DIE ALTE LEIER

für Gottesdienst und Gemeinde

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Mehr als die alte Leier

<span>Neue Psalmen für Gottesdienst und Gemeinde</span> Roland Breitenbach ISBN 978-3786727729

(„Mehr als die alte Leier“ 14,90 Euro )
„Mehr als die alte Leier“ von Roland Breitenbach verspricht „neue Psalmen für Gottesdienst und Gemeinde“. Dem Autor gelingt es, an der hohen Schule der Psalmen-Gebete Maß zu nehmen und in biblischer Größe und Weite, Psalmen für das 21. Jahrhundert zu verfassen.

Was sind Psalmen
„Lobt Gott mit Hörnerschall, lobt ihn mit Harfen und Lauten!“ (Ps 150,3). Das Saitenspiel hat dem Buch der Psalmen seinen Namen gegeben. „Psalterion“ heißt das Instrument, mit dem die Lieder, die Psalmen begleitet wurden. David, dem die biblischen Psalmen zugeschrieben werden, erscheint in Bildern häufig mit der Harfe. Psalmengebete sind lebendig, wie das Spiel auf einer Harfe, nicht monoton wie die Leier, die nur eine Tonlage kennt.

Die Vielfalt der Gebetsformen macht den Psalter zu einem Gebetbuch, das die verschiedenen Situationen des menschlichen Lebens spiegelt. Großartige Hymnen, Klagelieder des Volkes und des einzelnen, Danklieder, Lehrpsalmen, Weisheitslieder usw. können in bestimmten Lebenssituationen gelesen, gesungen oder meditiert werden. Die Psalmen sind lebendige Zeugnisse, wie Menschen ihre Erfahrungen vor Gott zur Sprache bringen.

Hebräisch heißt der Psalter „tehillim“, d.h. „Preisungen“ oder „Hymnen“. Der Lobpreis ist die Gebetsform, die alles Beten versammelt, sei es Klage, Bitte, Bekenntnis oder Dank. Er ist das Vorzeichen allen Sprechens zu Gott, auch wenn der Beter mit Gott hadert, von seinem Gott erzählt oder diesen inständig um Hilfe anruft. Die 150 biblischen Psalmen laufen auf den Lobpreis zu. Der Schlussvers aus Psalm 145 eröffnet das große Finale der fünf Schlusspsalmen, die allesamt über- und unterschrieben sind mit „Halleluja – Lobpreiset Jahwe!“.

Weshalb Roland Breitenbach seine Psalmen mit vollem Recht „Psalmen“ nennen kann
Dem Autor gelingt es, mit seiner Gebetssprache einen Raum zu schaffen. Der Leser und Beter erhält einen Resonanzboden für seine persönlichen Erfahrungen. Breitenbach macht weder den Fehler, so konkret zu sprechen, dass dem Beter der Alltag aufgedrängt wird, dass ihm andemonstriert wird, wie sein Leben und was sein Leben ist oder sein sollte, noch verfällt er in eine abgehobene liturgische Sondersprache mit Sonderbegriffen, die den Beter von seinem Alltag absondert (das erleben wir leider bisweilen in der liturgischen Gebetssprache). Der Autor schließt uns nicht in seine formulierten Gebete ein, sondern schließt auf, er erschließt – und das ist doch ein Beten, wie wir es heute brauchen und wie es Menschen immer schon gebraucht haben oder gebraucht hätten.

Breitenbachs Sprache ist lebendig. Sie fließt, sie sammelt sich auch manchmal zu einem kleinen See, doch dann fließt sie weiter. Oder bleiben wir besser im Begriffsfeld der Musik, auf die Breitenbach ja selbst anspielt: Die Psalmen seines Buches sind Tontrauben, die sich aus der Vielfalt des Lebens speisen. Nirgends findet sich eine Harmonie um der Harmonie willen, sondern es gibt auch Reibungen, Dissonanzen mitten in der (Viel-)Stimmigkeit – wie im Leben.

Die Themen der neuen Psalmen
Breitenbachs Psalmen umfassen eine große Bandbreite von Lebensthemen und begleiten in Lebensabschnitten und durch das Kirchenjahr, sei es zu Gesundheit und Krankheit, zum Sterben, zum Zweifel oder zu Wunder und Gnade des Kindseins. Siebieten Worte der Hingabe, des Vertrauens, der Klage, des Dankens und (wie es sich für die Psalmen gehört) des Lobpreises: „Lobet und preiset, ihr Tiere, den Herrn; freuet euch seiner und dienet ihm gern. All ihr Tiere, lobet den Herrn“ (S. 142). Dass Breitenbach hier die bekannte Kanonmelodie zum Singen empfiehlt, beweist sein Gespür für das Wesen des Lobpreises, das ja mit Jodeln, Jauchzen und Juchzen zu tun hat (das hebräische „hallel“ in „halleluja“). Den Lobpreis finden wir auch in einem Brotpsalm (S. 37), einem Kräuterpsalm (S. 44) oder beim Erntedank (S. 50). Dies ist umso mehr zu würdigen, als die Gebetsform des Lobpreises in vielen aktuellen Gebetbüchern wenig berücksichtigt wird, sondern wie in unserem persönlichen Beten fast nur Bitte und Dank vorkommen.

Neue Psalmen auf biblischer Basis
Die neuen Psalmen speisen sich aus den biblischen Urbildern, etwa in Gottes Hand zu sein (S. 33, 68 und öfters) oder von Gott umgeben zu sein (S. 27), wagen aber auch neue Bilder, so im Psalm „Gott ist im Spiel“, wo Gott als Schiedsrichter oder Trainer bezeichnet wird (S. 77). Gottes Zusage wird biblisch wesentlich über leibliche Aussagen vermittelt: Gottes Hand ist über uns, Gott nimmt uns an der Hand, er stützt uns, trägt uns, leitet uns, schenkt unseren Schritten Raum. Breitenbach schließt sich an diese leiblich-biblische Sprache an und gibt damit auch dem heutigen Beter Sicherheit und Halt. Außerdem reaktiviert er dadurch Gefühlswelten, die im Alltag oft verschüttet sind.

Mit weiterführenden Texten und Ideen für die gottesdienstliche Praxis

Natürlich gibt es in der Bibel nicht nur Psalmen, und eine Beschränkung auf Psalmen könnte auch schnell wieder monoton werden. So ist es gut, dass Breitenbach zu jedem seiner Psalmen Schriftworte und Kurzgeschichten bietet, mit denen mühelos eine gottesdienstliche Feier gestaltet werden kann. Deren erzählender Charakter bildet eine Spannung zu den Gebetsworten und sorgt gerade in dieser Spannung für Lebendigkeit. Kurt Tucholsky sagte einmal spöttisch: „Kopf ab zum Gebet!“ Breitenbach will dieser Fehleinstellung vorbeugen, indem er wiederum zu jedem Psalm die Rubrik „Gedanken“ stellt, die eigene Überlegungen und Gedanken großer Denker beinhaltet. So lädt er zu einer echten und tiefen „Gebetsarbeit“ ein, die Herz und Hirn fordert. Ermutigende und Kraft schenkende Segensworte sind ebenfalls eine durchgängige Rubrik.

Selbst Texte entwickeln
Roland Breitenbach bietet geräumige Gebete, in denen wir mit unseren Erfahrungen unterkommen können und uns aufgehoben wissen. Gleichzeitig sollten wir das tun, was dem Autor trefflich gelungen ist und wozu dieser den Leser im Vorwort ausdrücklich ermutigt, nämlich „selbst Texte zu entwickeln, die treffen und betreffen“ (S. 7).

Mehr als die alte Leier Neue Psalmen für Gottesdienst und Gemeinde

Roland Breitenbach Matthias-Grünewald-Verlag 2009, 151 Seiten, broschiert, 20,4 x 14,6 x 1,4 cm

ISBN-10: 3786727724
ISBN-13: 978-3786727729
14,90€

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